Also verstehe ich euch richtig, dass ihr sagt:
- Das Play rüttelt in keinster Weise an eurem eigenen "Weltbild", was die Wachen angeht.
- Es beeinflusst euer eigenes Characterplay in keiner negativen Art und Weise.
Wenn dem tatsächlich so ist, dann können diese Plays an sich doch gar kein Problem sein? Sie machen ja scheinbar nichts kaputt. Ganz im Gegenteil können sie sogar aufgegriffen werden und Stoff für weitere Plays bieten.
Sicher ging die Situation in meinem Beispiel für den Wachmann nicht fatal aus. Schlecht dargestellt wurde er dennoch. Für die meisten hier scheint das auch das größere Problem zu sein: Es ist nicht unbedingt schlimm, dass Wachen mal umgehauen werden. Es ist aber scheinbar schlimm, dass sie sich dabei auch recht inkompetent anstellen.
Warum spielt man so etwas? Diese Frage habe ich an sich schon einmal gestellt, möchte sie aber nun selbst versuchen, zu beantworten.
Jedes Play hat einen Zweck. Wenn ein Spielercharakter nicht gerade etwas Bestimmtes erreichen will, ist er vermutlich einfach er selbst und das Play dient schlicht der Charakterdarstellung. Darstellung heißt nun nicht gleich, dass irgendjemand sich profilieren will. Beispielsweise möchte man gelegentlich einen Aspekt seines Charakters ausspielen, der seltener zur Geltung kommt. Oder aber man möchte einfach zeigen, dass der Char existiert und dass er eben das tut, was er tut.
Das ist manchmal nicht einfach. Eine im Kunsthandwerk begabte Elfe? Die kann sich einfach irgendwo hinsetzen und anfangen, kleine Holzfiguren zu schnitzen. Nun erscheint aber der große, mächtige Barbar auf dem Platz! Er ist grob, stinkt zwei Meilen gegen den Wind und ist ganz offensichtlich nicht wirklich ihr Typ, hat aber einen ausgeprägten Beschützerinstinkt, den er bisher leider nie ausleben konnte. Und auch heute sieht es so aus, als würde er höchstens zwei Worte über das Wetter verlieren dürfen, bevor die Spieler ihre Charaktere als "nicht zueinander passend" einstufen und die Elfe sich mit unterdrücktem Würgereiz verabschiedet.
Der Barbar allein hat hier keine Möglichkeit, irgendetwas zu retten. Das einzige, was ihn retten kann, ist eine neue Situation. Und genau da kommen NPCs ins Spiel: Gib den beiden eine handvoll Orks, und alle sind glücklich. Der Barbar, weil er sich endlich vor jemandem aufbauen und ein paar Köpfe einhauen kann und die Elfe, weil sie hinterher zuhause etwas zu erzählen hat. Die Orks werden zugunsten der Situation einfach geopfert, so verwerflich es klingen mag. Sie sind höchstwahrscheinlich nicht sehr kompetent. Sie werden hinterher vermutlich nicht mehr atmen. Aber das interessiert niemanden. Es sind NPCs. Sie dienen hier einzig dazu, die Eigenschaften der anwesenden Charaktere hervorzuheben. Kurioserweise rettet dieser NPC-Missbrauch zwei Spielern den Abend.
Mit Schurken-Chars und Wachen-NPCs ist es genau dasselbe. Was soll jemand, der einen Taschendieb spielt und den Fokus auf seine Probleme mit dem Gesetz richten will denn machen, wenn sich niemand dazu anbietet, die Wache zu spielen? Natürlich wird er irgendwann alles alleine schreiben! Wenn sich dann idealerweise noch ein Mitspieler findet, stolpert ein weiterer Char in die Situation und darf entscheiden, auf welche Seite er sich stellen will. Daraus können etliche interessante und witzige Situationen entstehen, die mit nur zwei Spielerchars einfach nicht möglich sind.
Je nach dem, wie man seine NPCs verwendet, trifft man letztendlich andere Aussagen. Wenn man z. B. die Wachen als ganz besonders dämlich darstellt und der Spielercharakter sie der Reihe nach niedermäht, dann ist die Aussage sicherlich nicht, dass der Char übermächtig ist. Er ist allenfalls außergewöhnlich böse und sucht sich aus einer Gruppe immer die Schwächsten heraus. Ansonsten hätte er nämlich die Elitewachen niedergemetzelt. Wenn man wirklich diese Niederträchtigkeit zum Ausdruck bringen will, dann sind jene dummen Wachen sogar genau die NPCs, die man verwenden muss.
Ich lese aus euren Posts natürlich auch den Vorwurf heraus, dass einige dieser Aktionen rein willkürlich erscheinen. Ich habe nun vorausgesetzt, dass ein Spieler, der eine gute Story schreiben will, sich bei solchen Plays auch etwas denkt. Auf der anderen Seite ist es hier aber nach wie vor nicht verboten, schlechte Stories zu schreiben. Wir nehmen in dieser Hinsicht keine Bewertung vor. Überdies bin ich davon überzeugt, dass Plays, die im Endeffekt nicht mehr als ein blumiges "/me bringt drei Stadtwachen um" sind und keinen tieferen Sinn haben, niemanden langfristig erfüllen werden.
Ansonsten gibt es immer die Möglichkeit, sich einzubringen. Wenn man sich für tote Stadtwachen interessiert, kann man versuchen, dem auf den Grund zu gehen und damit das Problem ingame angehen. Wenn das am Ende nicht ergiebig ist, weil der verantwortliche Spieler sich sperrt, dann ist das Problem an dieser Stelle der sich sperrende Spieler. Das Play an sich ist zunächst einmal eine
mögliche Situation in der Spielwelt, auf die man entweder reagieren kann oder nicht. Wenn niemand darauf reagiert und nichts daraus entsteht, dann wird es auch sehr schnell wieder im Nichts verschwinden.
Wann man es mit dem "Verwenden" seinen NPCs übertreibt, liegt im Auge des Betrachters. Wie aber sieht es mit den Plänen aus, die Stadtwache zu stärken? Etwa der Möglichkeit, Chars festzunehmen und einzukerkern?
Generell gilt: Im [lexicon]Rollenspiel[/lexicon] geht es IMMER um die Spielercharaktere!
NPCs sollten niemals einen höheren Stellenwert einnehmen als Spielercharaktere. Spielercharaktere sind im [lexicon]Rollenspiel[/lexicon] normalerweise die Hauptfiguren, was bei LotGD bedeutet, dass jeder seine eigene Hauptfigur spielt. Niemand möchte seinen Char von einem namenlosen Wald-und-Wiesen-Troll niedergemetzelt sehen. (Das ist im Klickspiel schon schlimm genug.
) Genausowenig sollten auf einmal Spielerchars allein zur Darstellung der Stadtwache dienen. Denn es ist doch so, dass NPCs die eigentlichen Helden (oder Bösewichte) unterstützen sollen und nicht umgekehrt. "Unterstützen" bedeutet natürlich auch fordern, die Charaktere sollen schließlich wachsen und sich entwickeln und natürlich auch mal scheitern, wenn sie zu übermütig werden. Wichtig ist aber, dass der Fokus auf den Spielerchars bleibt und dass der Spieler die Möglichkeit behält, zu entscheiden, was sein Charakter erdulden muss.