Die Grüne - Ausgabe 90

Thalheims größtes Nachrichtenblatt - Neuigkeiten und Informationen für den Wyrmländer von Welt.
Celaen
Vogt
Beiträge: 64
Registriert: Fr 23. Mai 2014, 21:02

Beitragvon Celaen » So 14. Sep 2014, 14:25

Obwohl die Mittagszeit längst an Thalheim vorübergezogen ist und sich viele bereits wieder aus ihrer Mittagsruhe erhoben und den täglichen Tätigkeiten gewidmet haben ist der Magier Celaen heute nicht auf dem Marktplatz anzutreffen, auf dem er nach seinem fast einwöchigen Urlaub und den folgenden Tagen, die der Begleichung seiner Darlehensschuld gegolten haben, sicherlich einige Schriftrollen verkaufen könnte, deren Einnahmen ihm gut zu Gesicht stehen würden. Stattdessen findet man ihn im Schankraum des Gasthauses Zum Eberkopf. Erst zu Tagesanbruch in Thalheim angekommen hat er den Tag bisher ausschließlich damit verbracht, ein wenig zu schlafen, und dementsprechend sieht er auch aus. Das Haar zerzaust, die Kleider noch immer staubig und zerschlissen von der Reise, obgleich er diese Makel doch mit dem Flicken eines Fingers ausmerzen könnte? Wenn er nicht so schrecklich ausgelaugt wäre, bestimmt. Stattdessen spart er seine Kräfte, regeneriert sie bei einem deftigen Mahl. Heute erst frisch zubereitet muss er auch ausnahmsweise keine Sorge haben, sich daran zu vergiften. Während er Tee und bunte Kartoffelsuppe mit Würsten genießt hat er sich auf seinem Stuhl am Stammplatz, einem kleinen Zweiertisch am Fenster, zurückgelehnt und begonnen, eine hinterlassene Ausgabe der letzten Grünen zu studieren.

Sogleich wird ihm klar, dass er noch zwischen dem Hausbau, seinen privaten Aufträgen und Ausflügen und dem Schriftrollenverkauf, den Maschinenbauer, diesen Herrn Thielenbruch, aufsuchen wollte. Eine feste Meinung zum Projekt dieser "Eisenbahn" hat er vermutlich noch nicht - wie denn auch, er hat ja noch nie eine fertige Eisenbahn gesehen und erlebt - doch zu einem hat er sich bereits eine ganz klare Meinung gebildet: zum Kerngedanken dieses Projekt, und der heißt für den Zauberer: Fortschritt. Ideen, Träume, Zukunftsvisionen. - Einen Augenblick denkt Celaen nach, den Blick nachdenklich aus dem Fenster wendend ... Ja. Der Hausbau geht gut voran, und er wird sich ohnehin noch einige Tage erholen müssen, bevor er damit weitermacht. Einige Tage Zeit also, den Ingeneur auf der Burg ausfindig zu machen.

Das beschlossen, geht er zum nächsten Thema der Ausgabe über: Bier. Bimssteiner Bier, um genau zu sein. Seinen Fähigkeiten zuliebe ist er ein Freund von Dünnbier. Pilze findet er... bedenklich? Klar wird jedoch, dass, auch wenn er von ihr bisher nichts in der Öffentlichkeit gehört hat, ganz offensichtlich Frau Zwerg die Hosen im Geschäft anhat. Celaen grinst. Bier und Goldgier, Minenbau und Runenmagie. Misstrauisches Eigenbrödlerdasein - mit der Bierwerbung jedenfalls geizen sie jedoch in diesem Fall nicht. Ab davon ist dem Magier bereits zuvor ein anderer Gedanke gekommen: Für ihre Minen- und Pumpwagen nutzen die Zwerge doch schon längst Schienen, wenn nicht die Sippe hierzulande, dann doch weit verbreitet an anderer Stelle. Mit ihrem Improvisationsgeschick und Ideenreichtum wundert es ihn eigentlich, dass es nicht längst aus den Luftschächten des Berges raucht, weil darunter versteckt Dampfmaschinen betrieben werden. Vielleicht wird der Qualm auch nur geschickt umgeleitet? Herrscht unterm Berg gerade wilde Aufruhe, da ihre Geheimmaschine entdeckt und - viel schlimmer - an die Oberfläche und Öffentlichkeit gebracht wird?
Hah, eine aufregende Wendung wäre das jedenfalls, aber von solchen Brodelein hat er bei seinen wenigen Besuchen in Qexelcrag nichts mitbekommen.

Celaen blättert um, die Zeitung mit einem Rascheln glatt schlagend, und reckt sich sogleich aufrechter in seinem Stuhl auf. Der nachfolgende Artikel, eine Art Gegenruf zum Werk aus der letzten Ausgabe, weckt sein Interesse aus ganz persönlichen Gründen. "Übernatürlich" - eine Einschätzung, die ihn grundsätzlich die Nase rümpfen lässt. Das klingt wie der Vorreiter zur nächsten großen Überschrift "Elfen - Geschöpfe, nicht von dieser Welt". Glatte Haut, große, mandelförmge Augen... in seinem Kopf erwächst das Bild einer verzerrten Grimasse, nasenlos, mit einem überdimensioniert großen Kopf, weißer Amphibienhaut und großen schwarzen Augen, in denen sich die Sterne spiegeln. Grinsend den Kopf schüttelnd muss er allerdings zugeben, dass auch er durch seine Begegnungen und Studien festgestellt hat, dass die hierzulande erwachsene Furcht und das kompromisslose Misstrauen einen weit in die VErgangenheit reichenden Kern zu haben scheint. Er jedenfalls lehrt nicht Respekt und den natürlichen Umgang mit der Macht, um sich in einem dunklen Laboratorium zu verstecken. Vielleicht kann er tatsächlich etwas beitragen, mit dem Schriftrollenverkauf auf dem Markt, der seit einigen Monaten läuft, und der Eröffnung seines Ladens möglicherweise noch vor Ende des Jahres. Es sind kleine Schritte. Kleine Früchte sieht er bereits wachsen: gerade neulich hat ihm seine Bekannte, Pulcherrima, gesagt sie würde sich "so langsam daran gewöhnen". - Bleibt nur zu hoffen, dass ihr magisch geflicktes Dach diese Auffassung teilt.

Zur nächsten Seite... auf der dem Magier staunend klar wird, was es mit dieser ominösen Schmuckkollektion im Laden des Kunstschmieds und Geschäftspartners auf sich hatte. Er kann mit Fug und Recht behaupten, dass die Zeichnungen der Stücke, die hier abgebildet ist, kaum die Hälfte der wunderbaren Details der realen Objekte zum Ausdruck bringen kann. Auch, wenn man nichts davon kaufen möchte: ein Besuch in der Schmiede lohnt sich allein, um diese und die anderen ausgestellten Schmuckstücke in natura zu erleben.

Gerade hat sich der Magier wieder zurückgelehnt, stößt sich sogar etwas vom Boden ab, um mit dem Stuhl zu kippeln, da fällt ihm der nächste Eintrag ins Auge. "AHA!", entfährt es ihm und er stürzt nach vorn, als er vom Kippeln ablässt. DAS... ist sein Leserbrief. Oh ja, dieser Tatjana Tunichtgut hat er es gegeben. Geschichtenwettbewerbe manipulieren, nur weil ihre eigene Lügengeschichte erst im Nachhinein aufgebaut werden konnte, so einen Unfug lässt er nicht mit sich machen. Nicht ohne Stolz reckt Celaen die Schultern, seinen Blick durch den um die Uhrzeit recht leeren Schankraum schweifen lassend. Er trifft Cedrik, dem er mit der Zeitung demonstrativ grinsend winkt. Jaha, er hat einen Artikel! Und vom ersten kleinen Artikel bishin zur vielleicht ersten magiewissenschaftlichen Veröffentlichung in der Zeitschrift ist es doch jetzt nur noch ein Katzensprung...?

Die Rezepte aus den alten Zeitungen sollte jemand sammeln und Gerlinde zum Archivieren überreichen - oder Cedrik, zum nachkochen.
Langsam träge geworden hält er die Zeitung nur noch in einer Hand, hat sich nebenbei wieder über seine Kartoffelsuppe mit Würtchen gelehnt und schaufelt sich löffelweise in den Mund, bis er die Hand und Zeitung dreht, um den letzten Eintrag auf der Rückseite zu sehen. Das Würstchen, an dem er kaut, bleibt ihm halb im Halse stecken bei der Fratze, die ihm da entgegen blickt. Celaen klopft sich auf die Brust, die Suppe längst vergessen und einsam zurückgelassen, schüttelt er die Zeitung erneut mit beiden Händen glatt. DAS... erklärt einiges. Nicht nur die Blicke der Frau in Midas's Kunstschmiede, sondern auch von den Leuten, die in letzter Zeit an seiner Baustelle vorbeigekommen sind. Ihm hätte ja mal jemand sagen können dass er heimlich beobachtet und - wie er doch zugeben muss - recht akkurat in der Zeitung dargestellt worden ist. Er dreht und wendet das Bild ein wenig. Der Zeichner, der diese Bilder für die Zeitung anfertigt, ist wirklich ein Naturtalent. Und es ist eine Schande, dass ihm keinerlei Fußnote zu seiner Identität gegönnt wird.
Auch scheinen die Reporter - im Gegensatz zu Tatjana Tunichtgut - ihre Hausaufgaben gemacht zu haben. Er nickt die Fakten aus dem kleinen Text darunter mit geschwellter Brust ab. Oho, ein ganz netter Kerl - für einen Magier, wie? Doch, bevor in ihm ein allzu großer Narcissus erwächst, blättert er die Zeitung zu und schiebt sie unter seinen Teller, sich, wie alle anderen Leute nach der Mittagsruhe, seinem alltäglichen Tagesablauf zuwendend.
viele Grüße,
Celaen :roll:
"The problem with today's world is that everyone believes they have the right to express their opinion AND have others listen to it.
The correct statement of individual rights is that everyone has the right to an opinion, but crucially, that opinion can be roundly ignored and even be made fun of, particularly if it is, demonstrably NONSENSE." - Prof. Dr. Brian Cox


Zurück zu „Die Grüne“

Wer ist online?

Mitglieder in diesem Forum: 0 Mitglieder und 0 Gäste