Gerlinde sucht den Lügenbaron

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Kirana
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Falls es noch nicht zu spät ist...

Beitragvon Kirana » Di 27. Mai 2014, 17:59

[In letzter Sekunde stürmt noch eine junge Echsenfrau durch die Tür, gerade, als sie sich hinter Gerlinde schließt. "Warrrrtet, warrrrtet!" Sie sieht aus, als wäre sie über Stock und Stein herbeigeeilt. "Der Tag issst... doch noch nicht ganz um, oder? Bitte, darrrf ich auchh?"

Sie hält ein zerknittertes, aber durchaus lesbares Pergament hin.]

Trollfutter.
Eine ziemlich wahre Geschichte. Berichtet und selbst erlebt von Rotkamm Skarissa.
"Finger weg von meinem Gold!" brüllte sie.

Das ist ein guter Einstieg, nicht wahr?
Dramatisch. Besonders, wenn Ihr bedenkt, dass es eine Zwergin war, die das brüllte. Eine wütende Zwergin mit einer Axt, mitten in der Nacht, mitten in den Trollsümpfen.
Wir versteckten uns gerade.
Vor Trollen.

Doch wie auch immer: Sie brüllte. "Weg da, ihr Ungeziefer! Wagt es nicht!"
Was für ein Aufstand. So ganz unnötig. Wir waren fünf, sie war allein, und verletzt dazu. Wir hatten ihren Tross bereits besiegt, ihre Ladung gestohlen, und waren dabei, die
Beute zu teilen, nach dem Recht des Schnellsten, wie es unter Wegelagerern meistens üblich ist. Handelswaren, Bier... und Gold.
Immer wieder schön, Zwerge zu überfallen!

Zugegeben, der Kampf war hart, und hätte sich der Trupp nicht in den Sumpf verirrt (und die Trolle die ganze Arbeit übernommen), hätten am Ende vielleicht wir Kopf,
Kragen und Geldbeutel verloren... aber so spielt das Leben.
Unser ruhmreicher Haufen aus Halsabschneidern entkam heldenhaft dem Gemetzel, mit so viel Beute, wie wir tragen konnten, und versteckte sich in einem Sumpfloch, um den Sonnenaufgang abzuwarten.
Und die Beute zu teilen, selbstverständlich - nur hätten wir besser nicht mit der Geldtruhe hantiert, denn das Klirren von Goldmünzen, so heißt es, hören Zwerge meilenweit.

Und so war es.

"Rührt das nicht an, ehrloses Gesindel!" Schon war sie da, sicher viereinhalb Fuß groß, mit einer kunstvoll verzierten Axt voller Runen und frischem, grünschmierigem Trollblut. "Lasst es liegen und verschwindet, solange ihr noch könnt!"
Wir starrten in ihre Richtung, kamen langsam auf die Füße, und sie sah die Furcht in unseren Augen und grollte im Triumph.

"Ich wusste es. Ihr feiges Gezücht braucht nur einen einzigen Gegner, der stark genug ist, um-"
Der Troll hinter ihr packte sie, riss sein Maul auf und verschlang sie in einem Stück. Oder zumindest fast - ein Bein, das linke, ragte zwischen den Zähnen des Ungetüms heraus und wurde abgebissen, als das Biest die Kiefer schloss, plumpste herunter und landete neben ihrer Axt auf dem Boden der Grube.

Hätte sie sich bloß kurz umgeschaut.

Wir waren in heller Aufregung. Schatz und Beute hin und her, keiner von uns wollte Leib und Leben dafür opfern, also hüpften und sprangen alle eiligst aus dem Sumpfloch und
flohen. Alle, bis auf mich, hatte mir doch ein Keulenhieb arg das Knie verstaucht, sodass ich ohne Hilfe nie aus dem Loch würde klettern können.
Und meine Gefährten waren selbstverständlich bereits auf und davon.
Feiges Gezücht, wohl wahr. Keine Ehre unter Dieben und das alles.

Der Troll grinste. Langsam beugte er sich vor, tat einen Satz, und mit einem feuchten Klatscher sprang er zu mir in die Grube. Er sah noch immer sehr hungrig aus. "Guuuut!"
blubberte er und leckt sich die wulstigen Lippen, tätschelte sich den strammen Bauch. Eine saftige junge Echse passte da offenbar noch gut hinein.

"Verzzzieh' dich!" zischte ich also, ganz und gar nicht gewillt, die Nachspeise zu sein, und hob meinem Speer. Ein gezielter Stoß in den Magen, so hoffte ich, würde
ihm den Appetit gehörig verderben.
Weit gefehlt!
Ich warf den Speer, Eschenholz und Feuerstein, meine Spezialität, und traf genau ins Schwarze. Oder schleimig-grüne, wenn Ihr so wollt. Die Spitze fuhr durch den Leib,
trat hinten wieder aus - und der Troll grinste.

"Kleeines Ding," kicherte er mit einem Geräusch wie knirschende Knochen. Seine riesigen Pranken krochen hoch, griffen vor Bauch und Rücken nach dem Speer, und der hölzerne Schaft zerbracht mit einem kurzen Krachen. Ein Teil blieb stecken, sicher so lang wie mein Arm, doch das machte dem Biest nicht aus, es grinste nur, während sein schleimiges Fleisch bereits die Wunde schloss, das zersplitterte Stück Speerschaft einfach verschluckte, als sei nichts gewesen.
Damit war es aus. Oder zumindest schien es so. Von meinen "Freunden" verlassen, verwundet, mit einem hungrigen Troll in einer Sumpfgrube, nichts weiter zur Verteidigung als ein paar Beutestücke, ein abgebissenes Zwergenbein und... oh! Genau! Eine Axt!

Ich bin keine Axtkämpferin, müsst Ihr wissen. Meine Stärken sind Schnelligkeit und Reichweite, blitzschnelle, scharfe Vorstöße, die meine Echsenreflexe widerspiegeln, nicht brutale, kraftraubende Hackerei. Aber wie sagt man - in der Not frühstückt Nergal auch Fliegen, also warf ich mich auf den Boden, rutschte unter den zupackenden Klauen des Ungetüms hindurch und griff mir die Waffe.

Keine üble Qualität, das muss ich zugeben, einhändig, erstaunlich sicher im Griff, perfekt balanciert, ganz sicher magisch. Ein Meisterstück zwergischer Schmiedekunst.
Und es half mir kein bisschen.

Gerade hielt ich den Griff noch gepackt, die Schnauze in einem triumphierenden Zischen aufgerissen, da schoss der Troll schon wieder auf mich zu, gröhlend und lachend, die großen Pranken ausgebreitet. Die eine Hand schlug ich ihm ab, badete mich und die Klinge in heißem, grünschwarzem Blut, doch mit der Rechten bekam er mich zu fassen, nicht im geringsten gebremst durch seinen Verlust - tatsächlich kräuselten sich Haut und Fleisch bereits, drauf und dran, ein neues Glied wuchern zu lassen.
Verdammtes Sumpftrollpack! Da ist ein nachwachsender Echsenschwanz gar nichts dagegen... So oder ähnlich dachte ich, oder fluchte, während mich das Ungetüm hochhob, um mich in seinen Schlund zu befördern.
Ich zappelte wie ein Aal, schließlich ging es um mein Leben, befreite meine Arm und holte weit aus, um in einem letzten, verzweifelten Schlag die Axt in sein stinkendes Maul zu treiben. Ich traf, gelbliche Zahnsplitter flogen in alle Richtungen, sein Griff lockerte sich, und einen winzigen Moment glaubte ich tatsächlich, es wäre geschafft.

Dann fraß der Troll die Axt.

Es dauerte einen Moment, das Blatt blieb ihm kurz in der Kehle stecken, und er gurgelte und lachte, als ich mich aus seinen Fingern wand und auf den Boden platschte. Er musste mich nicht jagen - wohin sollte ich auch gehen?
Mein Herz raste. Nun blieb mir nichts als der Beutehaufen, also packte ich, was ich in die Klauen bekam und warf es dem Biest ins Gesicht. Stoffbündel, verzierte Trinkgefäße, eingelegte Rüben... all das spürte er kaum. Selbst das Bierfässchen, meine größte Hoffnung, prallte nutzlos an seinem Holzkopf ab, verlängerte mein Dasein nur um die paar Augenblicke, die der Troll zum trinken und rülpsen brauchte.

Damit war nur die kleine Schatztruhe übrig, als packte ich sie, schleuderte sie mit der Kraft der Verzweiflung. Vielleicht schlug ihn ja eine harte Kante ohnmächtig, oder eine Goldmünze blieb ihm in der Nase stecken?
Doch nichts dergleichen. Die Truhe knallte ihm ins Gesicht, Goldmünzen ergossen sich klimpernd über seinen Wanst, doch er lachte nur dümmlich. Schätze kümmerten ihn nicht, die konnte er später sammeln.
Erst wollte er Nachtisch, also trampelte er näher, langsam, genüsslich, ragte über mir auf, ein schwankender Fleischberg.
Ich war verloren.

Knurrend duckte ich mich hin, bereit, mein Leben so teuer wie möglich zu verkaufen.
Auch ohne andere Waffen hatte ich ja immer noch Zähne und Klauen, nicht wahr? Zumindest würde ich ihm ordentlich Sodbrennen verschaffen...nicht wahr?
Was für ein dämlicher Trost.

Der Troll griff nach mir, seine linke Hand war schon fast wieder nachgewachsen, die Finger krumme, schleimige Klauen.
Ich zischte ihn an, vergeudete meinen letzten Atemzug für einen saftigen, sehr ausführlichen Fluch, biss ihm alte und frisch gewachsenen Finger ab, während sein stinkender Atem mich bereits umhüllte. Verstreute Goldmünzen klirrten unter meinen Füßen.

Da blieb er stehen. "Oh," grunzte er, und "Aua!", torkelte einen Schritt zurück, die zerkauten Hände auf seinen prallen Bauch gepresst. Er hob den Kopf und glotzte mich vorwurfsvoll an, als wären ich oder mein Fluch schuld an seinem Bauchweh.
"Aua!" wiederholte er, beleidigt und anklagend, setzte sich auf den Hintern und... platzte.
Nun, genaugenommen platzte er nicht. Genaugenommen platzte etwas, oder jemand, einfach aus ihm heraus.

Eine gedrungene Gestalt, sicher viereinhalb Fuß groß, die Axt umklammert, frisch gestärkt von Zwergenbier, mit einem zerbrochenen Speerschaft anstelle des linken Beins.
Ihre Haare und Rüstung rauchten, stinkend verschmort von Magensaft, verklebt von Sumpftrollblut. Sie wirkte sehr, sehr entschlossen.

"Ich sagte... Finger... weg... von meinem... Gold!"

Und so begab es sich, dass ich Dasorja Zornesfaust traf, die legendäre Zwergenkriegerin, die heute jeder Reisende von Zachazzas bis Thalheim unter dem Namen "Einbein-Sorja" kennt und fürchtet.
Sicher, es dauerte eine Weile, bis sie mir nicht mehr ans Leben wollte, und noch länger, bis sie einsah, dass auch andere Dinge als der "übliche Warenverkehr" gute Profite bringen. Irgendwann wurden wir beide (und sogar Gnurr, muss ich hinzufügen - Sumpftrolle wie er sind wirklich sehr, sehr schwer umzubringen) Kampfgefährten, sogar Freunde. Diebesgesindel, auf das man sich sogar verlassen kann.
Sie ist eine gute Strategin, stark und unerbittlich im Kampf. Sie führt noch immer ihre Axt, trägt das Holzbein aus Eschenholz... und eins ist sicher:

Niemals, oh niemals würden wir es wagen, sie um ihren Anteil am Gold zu betrügen. Das Klimpern der Münzen hört sie wirklich meilenweit.


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