Beitragvon Kamelot » Do 14. Nov 2013, 22:58
[quote='Zanzamar','index.php?page=Thread&postID=25383#post25383']
Das ist in der Regel die Folge, wenn man seinen Char nur noch mit sehr wenigen anderen Chars agieren lässt. Da ein Char selten etwas Bemerkenswertes erlebt, was man nicht ausspielt, besteht schließlich sein ganzes Leben aus den Plays mit ebendiesen wenigen anderen (das kann sogar nur ein einziger sein). Da keine neuen Eindrücke hinzukommen, erschöpfen sich die gespielten Thematiken irgendwann. Der Char erscheint dann "fertig" oder schlimmstenfalls "in einer Sackgasse".
Am einfachsten behebt man das, indem man seinen Char mal wieder nach "draußen" schickt, um Einfluss aus anderen Quellen zu bekommen. Dadurch können auch in den schon erschöpft scheinenden Paarungen wieder neue Themen entstehen.
Zum OP:
Für das [lexicon]Rollenspiel[/lexicon] braucht man wohl auf lange Sicht ein bestimmtes Mindset.
Kern des Rollenspiels ist, in die Haut eines anderen zu schlüpfen und als dieser jemand Dinge zu tun, die man selbst so nie tun könnte/würde. Du erkennst richtig, dass jeder Rollenspieler einen bestimmten Bezug zu seinem Charakter hat. Dieser Bezug ist wichtig für den Char, weil er ohne ihn geistlos im Nichts herumschwebt, und er ist wichtig für den Spieler, der keinen Spaß an etwas finden wird, zu dem er keinen Bezug hat.
Du stellst fest, dass dieser Bezug unterschiedlich intensiv sein kann. An manchen Tagen schafft man es vielleicht besonders gut, sich in diesen Charakter hineinzuversetzen. Man kennt das von Schauspielern. Einige gehen in manchen Rollen richtig auf. Diese spielen sie dann verständlicherweise auch am besten. Mein Schluss daraus ist, dass es für das Spiel sehr gut ist, wenn man diesen Zustand erreicht.
Die Kehrseite dessen ist, dass man in gewissem Umfang auch anfängt zu empfinden wie der eigene Char. Das liegt in der Fähigkeit der (meisten) Menschen begründet, sich in andere einfühlen zu können. Das hat seine schönen wie auch seine schattigen Seiten. Man freut sich mit seinem Char. Man leidet mit seinem Char. An manchen Tagen wäre man vielleicht sogar gern sein Char. Und dann, genau in dem Moment, in dem man so denkt, passiert irgendetwas, was ihn - und damit einen selbst - aus allen Wolken holt. Zum Glück! Denn wenn man plötzlich so viele Gemeinsamkeiten mit seinem Char hat, spielt man nicht doch wieder nur sich selbst?
Es ist gut möglich, während eines emotionalen Höhenfluges den Sinn dafür zu verlieren, was der Char eigentlich tun sollte, da man es selbst gern anders machen würde. Als Allwissender weiß man in der Regel, welches Ergebnis die eine und welches die andere Handlungsweise hat. Es ist verführerisch, den Char dann immer den optimalen Weg nehmen zu lassen. Man hat ja selbst etliche Minuten zum Schreiben und damit auch zum Nachdenken, während im Spiel allerhöchstens Sekunden vergehen. Diese Art von Metagaming lässt sich nur schwer verhindern. Sie entsteht schon dadurch, dass ein Char immer einen Spieler hat, der für ihn liest und denkt.
Wenn man feststellt, dass so etwas öfter passiert, sollte man sich ins Gedächtnis rufen, wo die Unterschiede zwischen einem selbst und dem Char liegen. Was würde er tun, was ich nie tun würde? Was würde ich nie tun, was er tun würde? Fällt einem darauf keine Antwort ein, sollte man sich schleunigst einen oder mehrere Punkte dazu überlegen, denn sonst läuft man wirklich Gefahr, einfach nur sich selbst - oder besser gesagt: ein idealisiertes Bild von einem selbst - zu spielen und damit den Zweck des Rollenspiels komplett zu verfehlen. Ich meine damit nicht so harmlose Dinge wie, dass der Char die Gabel in der rechten Hand hält statt in der linken. Nein, er sollte in mindestens einem Punkt charakterlich völlig konträr zu seinem Spieler stehen. Du bist immer nett und freundlich? Spiel einen grummeligen Zwerg! Du bist aufmerksam und vorausschauend? Spiel einen Träumer, der anderen gern auf die Füße tritt! Du bist tierlieb? Gib deinem Char einen unbegründeten Hass auf eine beliebige, landläufig verbreitete Tierart! Und wenn du das tust, spiel es konsequent aus. Das hilft sehr, im richtigen Moment den nötigen Abstand zu wahren. Denn...
... man sollte seinen Charakter hassen. Meine Charaktere sind, aus bestimmten Blickwinkeln betrachtet, allesamt hassenswert. Der größte Fehler, den man begehen kann, ist, seinen Char so zu gestalten, dass man ihn uneingeschränkt lieben könnte. Damit verbaut man sich nämlich die Möglichkeit, selbst dann noch Spaß am Spiel zu haben, wenn ihm schlimme Dinge widerfahren. Lässt man letztere überhaupt nicht zu, gerät man viel eher in den oben angesprochenen emotionalen Höhenflug, da man ja nur die positiven Aspekte beleuchtet. Wer besonders sadistisch ist, kann mal versuchen, seinem Charakter eine Eigenschaft zu geben, die man an sich selbst hasst. Glaubt mir, ihr werdet verdammt gut darin sein, das auszuspielen. Gleichzeitig werdet ihr aber nie in die Gefahr geraten, euer Char sein zu wollen.[/quote]
Das unterschreib ich voll und ganz. Das mit den hassenswerten Chars muss ich mir nochmal durch den Kopf gehen lassen. Im Moment würde ich sagen "Das hat was" und darüber hinaus behaupten "Schützt vor dem Durchknallen in eine virtuelle Welt". Ich denke dabei an junge Spieler. Danke Zanzamar für die sehr gute Analyse. Ich bin noch zu neu hier und hab mir nur ein paar Gedanken gemacht. [lexicon]Rollenspiel[/lexicon] macht Spaß, solange die Teilnehmer Freude daran haben. Egal, wie viele es auch sein mögen. Wie ich erfahren musste, ist die Luft dünner geworden in der letzten Zeit. Ergo: Die Anzahll der Spieler hat doch recht drastisch abgenommen. Woran liegt das? Nur daran, dass die Verfilmung von "Herr der Ringe" zu lange zurückliegt? Dass [lexicon]Rollenspiel[/lexicon] nicht mehr up to date ist? Das glaub ich nicht! Wir alle, die wir auf diesem Server spielen, uns täglich ärgern und trotzdem weitermachen sollten uns manchmal ein Lächeln abringen und das Ganze einfach ein bisschen lockerer sehen. Ob [lexicon]Rollenspiel[/lexicon] oder Klickspiel, letztlich ist es ein Spiel, was wir alle freiwillig spielen. Und nun komme ich zum Ende. Nehmt Zanzamars Fazit einfach auf, auch das, was Resi schrieb. Habt Spaß! Nur darum geht es doch letztlich! Danke fürs Lesen....und übrigens, ich freue mich wie verrückt (ganz ehrlich!!!), dass hier mal wieder nen bissl was los ist!
Es grüßt Euch
Kamelot
Zuletzt geändert von
Kamelot am Do 14. Nov 2013, 23:43, insgesamt 1-mal geändert.